Vater sein

Eine der Hauptaufgaben eines Vaters ist es, seinen Kindern ein Vorbild zu sein. Und allein das ist eine Herausforderung.

Vater sein beinhaltet mehrere und unterschiedliche Rollen. Er ...

  • ist weiterhin Mit-Ernährer in der Familie. Dies bedeutet, er geht einem Beruf nach und erzielt ein Einkommen, welches für die Familie verwendet wird.
  • gestaltet zuammen mit der Mutter die Erziehung der gemeinsamen Kinder. Dies ist nach einer Trennung erschwert.
  • begleitet sein Kind nach dessen Bedürfnissen.
  • ist für seine Tochter der wichtige erste Kontakt zum männlichen Geschlecht.
  • ist für seinen Sohn ein Vorbild für das eigene Geschlecht.

Der moderne Mann ist partnerschaftlich eingestellt

Entsprechend charakterisiert sich auch ein moderner Vater so. Der traditionelle Vater sah oder sieht sich hingegen in erster Linie als Ernährer der Familie und Geldverdiener. Leider gibt es auch im Jahre 2022 viele öffentliche Männer- und Väterbilder, welche das traditionelle Bild leben und legitimieren. Dazu gehören Politiker wie Trump, Putin oder Erdogan. Aber auch Sportler wie Ronaldo, Messi. Denn deren Engagement für die und in der Familie ist öffentlich wenig bekannt und wird entsprechend nicht transportiert. Dasjenige vom «Einkommen» hingegen schon.

Vom ihm wird vieles und Unterschiedliches erwartet.

  • Seine Partnerin bzw. sein Partner erwartet von ihm, dass er für sie bzw. ihn da ist und sie bzw. ihn in der Erziehungs- und Haushaltsarbeit unterstützt und entlastet. So, dass sie bzw. er auch eigene berufliche Aufgaben bzw. eine Karriere weiterverfolgen kann.
  • Seine Kinder erwarten, dass er für sie da ist. Ihnen zuhört, mit ihnen Zeit verbringt. Wichtiges aus ihrem Leben weiss und darauf eingeht.
  • Sein Vater erwartet von ihm, dass er gleich oder besser oder anders für die Kinder da ist, wie er dies selbst gemacht hatte.
  • Seine Mutter wünscht sich, dass er ein Vater ist, wie sie ihn sich selbst gewünscht hätte.
  • Seine Kollegen erwarten von ihm, dass die «Vaterschaften» kompatibel sind.

Die väterliche Rolle früher und heute

Früher – vor 20-40 Jahren – war die Bedeutung des Vaters in der Erziehung einfach: Ernährer und entsprechend Financier. Mit der eigentlichen Erziehung der Kinder hatte er weniger zu tun. Manchmal wurde er für Konsequenzen/Strafen aufgeboten, um wieder Ruhe zu schaffen. Er war wenig(er) zu Hause und entsprechend organisierte die Mutter den Haushalt.

Das gibt es auch heute in manchen Familien, doch in den modernen Familien sind sowohl Mutter als auch Vater an der Erziehung beteiligt. Der moderne Vater trägt das Kleinkind im Wickeltuch, geht spazieren, spielt mit ihnen, hilft bei Kummer und Sorgen und ist stets Vorbild (ob er grad will oder nicht).

Was bedeutet «Vater sein»?

Mit der Geburt seines Kindes bindet sich ein Mann an ein langfristiges – oft lebenslanges – Projekt. Dessen Bewältigung stellt bis anhin unbekannte und neue Herausforderungen an ihn. Umso mehr, als Selbst- und Fremderwartungen an diese Rolle unterschiedlich sind.

Das frühere Einkommen sollte meist für ihn reichen, allenfalls für Zuwendungen an andere Menschen. Jetzt muss es mehrere Menschen ernähren.

Die frühere zur Verfügung stehende Nicht-Arbeitszeit diente der Ich-, Paar- und Kollegenzeit. Die heutige wird von der Familie mehrheitlich in Anspruch genommen. Damit der Vater später Einfluss auf sein Kind nehmen kann, muss er von Anfang an eine Vater-Kind-Bindung aufbauen. Dies heisst, soviel Zeit wie möglich mit dem Kind zu verbringen. Und diese Bindung ist zusätzlich unterschiedlich, je nach Geschlecht des Kindes. Nicht alle Kinder sind Junge oder Mädchen und auch nicht einfach hetero.

Worunter leiden die Väter?

Väter leiden darunter, dass sie in dieser Rolle bedeutend weniger öffentliche Wertschätzung erfahren als beispielsweise in beruflichen, politischen, sportlichen, … Rollen. Sie leiden darunter, dass sie sowohl im Beruf wie in der Familie täglich volle Leistung erbringen sollen. Sie leiden darunter, dass sie ihre Schwächen verstecken und dann doch wieder zeigen sollen. Männer fühlen sich oft etwas verloren unter Müttern, beispielsweise in einem Mütterzentrum.

Sind Väter ein Elternteil zweiter Klasse? (Spiegel, 2021)

Teils ja. Wichtig ist erstens, wie die Eltern die beiden Rollen definieren. Wieviel steht die Mutter dem Vater zu, wie stark überlässt sie ihm schon vertrauensvoll das Kleinkind. Dann hat es auch sehr stark mit dem eigenen Bewusstsein des Vaters zu tun. Was hat er von seinem Vater oder anderen väterlichen Vorbildern mitbekommen? Wie hat er sich auf diese Rolle vorbereitet?

Solange Vater und Mutter mit den Kindern zusammen leben, ist dies alles eine Herausforderung. Nach einer Trennung eine übergrosse.

Der SPIEGEL beschrieb es so: «Denn die eigentlich geforderte Ausweitung der Väterzone stößt an ein schwer zu überwindendes Hindernis: die Macht des Matriarchats in der institutionellen Kinderbetreuung und in den eigenen vier Wänden. Die Normen setzt in ihrer Wahrnehmung die Mutter. Sie entscheidet, ob ein Vater «gut» oder «schlecht» ist, wie viel und welcher Spielraum ihm mit den Kindern gelassen wird: Diese Männer, so empfinden viele es, sind nur Papa von Mamas Gnaden.» Wo das gelebt wird, ist es schwierig für den Vater!

Was wünschen sich Väter?

In Liechtenstein setzt sich die IG Elternzeit – bestehend aus engagierten jungen Männern und Frauen, Vätern und Müttern – dafür ein, dass bei uns eine flexible Elternzeit eingeführt wird, die zum einen diesen Namen verdient und zum anderen die Chancengleichheit fördert. Auch moderne Väter in unserem Lande wünschen sich also öffentliche Unterstützung, Anerkennung und Wertschätzung.

Michael Tunç, Lehrbeauftragter in Hamburg zu Gender- und Männlichkeitsforschung, formulierte es so: «Es fehlt in der Gesellschaft an Unterstützung und Anerkennung aktiver, fürsorglicher Väter».

Auf Infobroschüren des Familienministeriums würden deutlich mehr Frauen auftauchen. Längst würden sich mehr Väter einbringen wollen, nach Teilzeitmodellen fragen – aber die gesellschaftliche Entwicklung käme nicht mit. Tunç forderte daher ein Umdenken schon in der Sprache. «Wenn wir von Ärzten reden, sollen Ärztinnen mitgemeint sein, und wenn wir von Eltern reden, sollen Mütter und Väter gemeint sein.»

Es sind Sätze, mit denen feministische Bewegungen seit Jahrzehnten argumentieren – unter umgekehrten Vorzeichen. Doch dürfen wir Männer solche Sätze verwenden, wenn wir uns für uns einsetzen?

Väter wünschen sich auch Orientierung und Unterstützung für die neue Rolle. Jedoch ohne zusätzliche zeitliche Belastungen. Lieber online nachlesen wenn Zeit da ist, anstatt einen Vortrag phyisch zu besuchen.

Tipps für Väter

  • Sieh in der Mutter deiner Kinder weiterhin die Partnerin
  • Nimm dir täglich Zeit für deine Kinder
  • Iss mindestens einmal am Tag mit ihnen zusammen
  • Sprich mit ihnen und frage sie, wie ihr Tag wird/war
  • Pflege Rituale wie die abendliche Gute-Nacht-Geschichte, Ausflug
  • «Kämpfe» spielerisch mit ihnen, knuddle sie, bring sie zum Jauchzen
  • Sage ihnen täglich, dass du sie lieb hast
  • Zeige ihnen, dass du auch für sie da bist, wenn sie was verbockt haben

Männerfragen engagiert sich auch in diesem Thema mit Beratungs- und Projektarbeit.